"Aber ich merke keinen Fortschritt!"
Es gibt viele fromme Christen, die oft und regelmäßig beichten und doch keinen rechten Nutzen davon spüren. Deshalb werden sie kleinmütig und verzagt und geben sich zuletzt überhaupt keine Mühe mehr, vorwärtszukommen. Am Heiland kann es nicht liegen, wenn unsere Beichten nicht die Früchte hervorbringen, die er bei uns erwarten kann. Die Schuld muss also wohl bei uns liegen.
Wie man beichten muss, wenn man eine Todsünde auf dem Gewissen hat, weiß jeder.*
Viele wissen aber nicht recht, wie sie es anfangen müssen, um durch die öftere Beichte im geistlichen Leben vorwärts zu kommen. Da werden mancherlei Fehler begangen. Man kann allgemeine und besondere Fehler unterscheiden.
Allgemeine Fehler bei der öfteren Beichte
Wir wollen selbst alles machen und können doch aus uns nichts tun. Gewiß müssen wir das Unsrige tun. Aber die Hauptsache tut Gott. Er ist auch die Hauptperson, nicht nur bei der Aussöhnung mit ihm, sondern auch bei dem Gleichförmig-werden mit ihm, das wir durch die öftere Beichte erstreben, daran müssen wir stets denken.
Wir wollen vielleicht bei der Beichte alles beichten. Deshalb sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht, erkennen deshalb uns selbst nicht und versperren durch unser Vielerlei in der Anklage auch unserem Beichtvater die rechte Erkenntnis unseres Seelenzustandes.
Vielleicht waren wir auch der irrigen Meinung, wir könnten uns durch eine Beichte, besonders durch eine gute Exzerzitienbeichte, auf einmal von all unseren Fehlern befreien. Unser Herr und Heiland kann erwarten, dass wir allmählich besser und vollkommener werden. Nur unser menschliches Ungestüm und unsere Einbildung können es nicht erwarten. Weil wir nicht sofort alles erreichen, lassen wir den Mut sinken und erreichen zuletzt nichts oder fast nichts.
Halten wir ein Doppeltes fest:
1. Den Unterschied zwischen verhältnismäßigem oder relativem und wirklichem oder positivem Fortschritt.
Ein relativer Fortschritt ist es schon, wenn wir auch die gleichen Fehler begehen, auch vielleicht ebenso häufig, wenn sie aber nicht mehr so freiwillig, nicht mehr so überlegt begangen werden. Auch wenn wir nur das erreichen, dass wir uns unserer Rückfälle schneller bewusst werden, dass sie uns ärger verdrießen, ist das schon als relativer Fortschritt zu bezeichnen. Selbst das muss ein relativer Fortschritt genannt werden, wenn wir uns wegen unserer Fehler mehr verdemütigen. Denn Demut zu üben ist oft mehr wert, als keine Fehler zu begehen.
Gott lässt zu, dass manche Fehler, die wir willensmäßig längst überwunden haben, uns gewohnheitsmäßig noch lange anhaften, so dass wir sie manchmal gedankenlos begehen, ohne uns derselben richtig bewusst zu werden. Gott will uns dadurch in der Demut erhalten.
Positive Fortschritte machen wir, wenn wir wirklich besser und tugendhafter werden. Dazu bedürfen wir besonderer Gnade, die wir nicht erzwingen können. Darauf müssen wir geduldig warten, durch demütiges Gebet und treue Mitwirkung sie zu verdienen suchen, insoweit man hierbei von Verdienen reden kann.
*Anmerk: das wurde vor über 70 Jahren geschrieben, wo dieses Wissen noch vorausgesetzt werden konnte. Zur Erinnerung: wenn man eine Todsünde begangen hat muss man sofort Reue darüber erwecken und den festen Willen haben, diese Sünde bei der nächstmöglichen Gelegenheit einem Priester zu nach Art, Zahl und artändernden Umständen zu beichten. Durch die Reue ist die Sünde sofort vergeben, allerdings nur dann, wenn diese Reue auch den festen Willen zur Ohrenbeichte bei nächster Gelegenheit in sich schließt.
Fortsetzung HIER
Papst Pius XII empfahl in seiner Enzyklika Mystici Corporis dringend die häufige Beichte der lässlichen Sünden:
(...) Dasselbe geschieht auch durch die falschen Anschauungen jener, die behaupten, man dürfe die häufige Beichte der läßlichen Sünden nicht so hoch einschätzen; das allgemeine Sündenbekenntnis, das die Braut Christi Tag für Tag zusammen mit den ihr im Herrn vereinten Kindern durch die Priester am Fuß des Altares ablege, sei ihr vorzuziehen.
Gewiß können solche Sünden, wie euch bekannt ist, Ehrwürdige Brüder, auf mannigfache, höchst lobenswerte Weise gesühnt werden. Aber zum täglich eifrigeren Fortschritt auf dem Wege der Tugend möchten Wir angelegentlichst den frommen Brauch der häufigen Beichte empfohlen wissen, der nicht ohne den Antrieb des Heiligen Geistes in der Kirche eingeführt wurde. Wird doch durch ihn die Selbsterkenntnis gefördert, die christliche Demut vertieft, die sittliche Schwäche an der Wurzel gefaßt, die geistliche Nachlässigkeit und Lauheit bekämpft, das Gewissen gereinigt, der Wille gestärkt, eine heilsame Seelenleitung ermöglicht und kraft des Sakramentes die Gnade vermehrt.
Mögen also die, welche in den Reihen des jüngeren Klerus die Hochschätzung der häufigen Beichte zu verringern und herabzusetzen suchen, wohl bedenken, daß sie eine Sache betreiben, die dem Geiste Christi fremd und für den mystischen Leib unseres Heilandes ein Unsegen ist. (...)