Das wichtigste Gebet ist das Gebet um die Beharrlichkeit bis zum Ende. Siehe hier


Montag, 17. September 2012

Unser entscheidender Satz beim Weltgericht

alles aus der Predigt: Christus festhalten! von Prälat Prof. Georg May

Es hat ein­mal einer einen Traum gehabt. Der Traum setzte in dem Augen­blick ein, als das Welt­ge­richt begann. In einem gewal­ti­gen Kreise, in einem Kreise von gewal­ti­gem Aus­maß, sah der Träu­mende unge­zählte Men­schen, alle Men­schen von Adam und Eva an, alle – ohne Aus­nahme. Und in der Mitte des Krei­ses, da ragte das Kreuz empor. Vor dem Kreuze saß auf dem Thron Chris­tus, der Rich­ter. Ein­zeln trat jeder vor ihn hin und wurde nicht gerich­tet, son­dern rich­tete sich selbst
Das letzte Gericht
Fra Angelico
Der Träu­mende hatte schon man­che Pre­dig­ten über das Welt­ge­richt gehört und ver­nom­men, wie sich die Pre­di­ger das Welt­ge­richt dach­ten. Einer erklärte, da wür­den der Teu­fel und der Schutz­en­gel sich um die Seele strei­ten, wem sie gehö­ren sollte, der Teu­fel als Anklä­ger, der Schutz­en­gel als Ver­tei­di­ger. Ein ande­rer Pre­di­ger hatte erklärt, der Rich­ter würde aus sei­nem untrüg­li­chen Gedächt­nis alle Sün­den eines Men­schen auf­zäh­len, mit Tag und Stunde. Wie­der ein ande­rer hatte gemeint, im Letz­ten Gericht würde es wie ein Blitz auf­leuch­ten, der im Bruch­teil einer Sekunde dem Men­schen sein gan­zes Leben über­schauen lässt. Sol­cher Art waren die Pre­dig­ten, die er gehört hatte.


Aber die Wirk­lich­keit, die er jetzt im Traume sah, war anders. In unüber­seh­ba­rer Schlicht­heit voll­zog sich das Gericht. 
Es bestand ein­zig darin, dass der ein­zelne Mensch zu Chris­tus hin­trat und sprach: „Ich liebe Dich!“ Das war alles. Das war das ganze Gericht. 
Aus der Ferne gewahrte der Träu­mende, dass viele von denen, die zu Chris­tus hin­gin­gen, spra­chen: „Ich liebe Dich!“ Sie spra­chen es jubelnd, jauch­zend. Diese wies der Rich­ter zu sei­ner Rech­ten. 

Dann aber kamen andere, die brach­ten die weni­gen Worte, die ver­langt waren, nicht aus dem Munde, nicht über die Lip­pen. Sie stot­ter­ten, stock­ten und ver­stumm­ten. Diese wies der Rich­ter auf die linke Seite, wo undurch­dring­li­che Fins­ter­nis sich aus­brei­tete. 

Selt­sam, dachte der Träu­mende, warum kön­nen diese Men­schen die drei Worte nicht aus­spre­chen? Nichts leich­ter als das. Wenn ich an die Reihe komme, werde ich mit Leich­tig­keit die­sen klei­nen Spruch her­sa­gen kön­nen. Zwar habe ich Chris­tus in mei­nem Leben nicht son­der­lich geliebt, denn seine Gebote waren mir läs­tig, aber das Ver­s­lein werde ich bestimmt auf­sa­gen kön­nen. So dachte der Träu­mende und übte dann einige Male: „Ich liebe dich; ich liebe dich; ich liebe dich.“ Er merkte, das ging ohne Schwie­rig­kei­ten. Ohne Zwei­fel würde er das Gericht beste­hen. 

Immer mehr teilte sich inzwi­schen die Mensch­heit und all­mäh­lich kam auch die Reihe an ihn, immer näher kam er dem Rich­ter. Und da traf ihn ein Blick aus den Flam­men­au­gen des Herrn. Seine Seele begann zu beben. In hel­ler Angst ver­suchte er noch ein­mal übend den Spruch zu spre­chen: „Ich...“, aber er kam nicht wei­ter. Er kam nicht wei­ter und unver­mu­tet schnell stand er vor dem Rich­ter. 

Wie aus einem Meer der Klar­heit über­blickte er sein gan­zes Leben. Da wusste er, dass er sei­ner Sün­den wegen Chris­tus nicht geliebt hat und dass er nie­mals wird in Ewig­keit sagen kön­nen: „Ich liebe dich!“ 

In die­sem Augen­blick ver­stummte er, und mit einem Schrei wurde er wach. Das Ganze war ein Traum. So oder so aber wird der Traum ein­mal Wirk­lich­keit wer­den. Wie der ein­zelne Mensch zu Chris­tus steht hier auf Erden, so wird es auch in der Ewig­keit sein. Mit Chris­tus ewig leben oder ohne Chris­tus ewig ver­lo­ren sein, das ist das Ende eines jeden Men­schen. Chris­tus ist die Lebens­scheide der Ewig­keit.

Wie ste­hen wir, meine lie­ben Freunde, zu Chris­tus? Kön­nen wir ihm ehr­lich sagen: „Ich liebe dich“? Wer es in die­sem Leben nicht gelernt hat, ehr­lich und auf­rich­tig zu Gott zu sagen: „Ich liebe dich“, der wird es auch vor dem Rich­ter­stuhl Christi nicht fer­tig brin­gen, diese Worte zu spre­chen. Jetzt ist noch Zeit zu ler­nen, das erlö­sende Wort zu spre­chen. Und es nicht nur zu spre­chen, son­dern es zu leben: „Ich liebe dich!“ 


Im Alten Bund erging das Wort des Herrn an das aus­er­wählte Volk: „Höre Israel, der Herr, dein Gott, ist ein Ein­zi­ger. Du sollst darum den Herrn dei­nen Gott lie­ben von gan­zem Her­zen, von gan­zer Seele und mit all dei­ner Kraft.“ So steht es im Buche Deu­te­ro­no­mium. Jesus Chris­tus hat die­ses Gebot bestä­tigt. Du sollst den Herrn dei­nen Gott lie­ben mit dei­nem gan­zen Her­zen, mit dei­ner gan­zen Seele und mit dei­nem gan­zen Gemüte. Das ist das erste und größte Gebot.

Liebe zu Gott! Noch ist es Zeit, meine lie­ben Freunde, diese Liebe zu ler­nen und zu üben. In der Treue zu Gott, im Gehor­sam gegen Gott, in der Arbeit für Gott, im Lei­den mit Gott. Noch ist es Zeit.


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