A.
Das göttliche Herz Jesu als Feuerofen
der heiligen Liebe
Die Liebe macht sein Herz arm.
Ihr kennet die Gnade unseres Herrn Jesu
Christi,
dass er um euretwillen arm geworden ist.
II. Cor. 8,9.
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Herz Jesu |
Eingang
Wir beginnen heute eine neuntätige
Andacht zu Ehren des hl. Herzens Jesu.
Wenn wir vom Herzen Jesu reden, so
meinen wir das wahre und wirkliche Herz des Gottmenschen Jesus Christus. Es ist
ein wahrhaft menschliches Herz, bestehend aus Fleisch und Blut; aber auch ein
wahrhaft göttliches Herz, weil die menschliche Natur in Jesus vereinigt ist mit
der göttlichen Natur in Einer göttlichen Person.
Wir wollen in dieser Novene das
göttliche Herz Jesu betrachten in dreifacher Hinsicht, nämlich als Feuerofen
der heiligen Liebe, als Schatzkasten aller Gnaden und als Lehrkanzel aller Vollkommenheit.
Zunächst wollen wir es betrachten
als Feuerofen der heiligen Liebe. Wunderbar sind die Wirkungen der Liebe im
göttlichen Herzen Jesu.
Wir wollen heute eine dieser
Wirkungen hervorheben, und ich sage: Die Liebe macht sein Herz arm, denn
- in seiner Liebe hat Jesus alles für
uns getan, was er tun konnte,
- in seiner Liebe hat er uns alles gegeben, was er
geben konnte.
Die Liebe zu uns hat ihn in die äußerste
Armut versetzt. O göttliches Herz Jesu, lass uns erkennen, wie weit Deine Liebe
zu uns Dich gebracht, damit wir uns beeifern, durch dankbare Gegenliebe Dir
einigermaßen Deine Liebe zu vergelten. O Maria, du Mutter unseres Jesu, bitte
für uns!
I.
In seiner Liebe hat Jesus alles für
uns getan, was er tun konnte.
Ihr werdet euch wundern, wenn ich
sage: Die Liebe hat das göttliche Herz Jesu in die äußerste Armut versetzt.
Kann denn das göttliche Herz Jesu auch arm werden? Dass es wirklich arm
geworden, sagt uns ausdrücklich der Apostel Paulus, indem er schreibt: „Er ist
um euretwillen arm geworden, da er reich war." (II. Cor. 8,9)
Von der gewöhnlichen leiblichen Armut
lässt sich das ganz leicht beweisen. Ihr wisst es ja, wie der heilige Glaube
lehrt, dass der Sohn Gottes, der unendlich Reiche, auf die Welt gekommen, ein Menschenkind
geworden und wirklich in äußerster Armut seine Geburt im Stalle zu Bethlehem feierte
und durchs ganze Leben arm war. Doch von dieser Gattung Armut will ich heute
nicht reden. Eine andere Armut will ich euch heute vor Augen stellen, in welche
die Liebe zu uns das göttliche Herz Jesus versetzt hat.
Der Sohn Gottes kommt auf die Welt,
um alles zu tun und zu leiden, was zu unsrer Rettung und Heiligung erforderlich
ist.
Er entfaltet da seinen Reichtum an
Liebesdiensten nach allen Seiten. Dreiunddreißig Jahre stehen ihm zur
Verfügung; und in diesem Zeitraume gibt es keinen Augenblick, den er nicht für
uns verwendete. Der Psalmist sagt von ihm: „Er frohlockt, wie ein Riese, um zu
laufen seinen Weg.“ (Ps. 18,6)
Für uns macht er jeden Atemzug, für
uns jeden Schritt; für uns redet er jedes Wort, für uns verrichtet er jedes Gebet.
Überall predigt er die göttliche Wahrheit, überall zeigt er durch sein Beispiel,
wie wir Gott gefallen können. Weder Müdigkeit, noch Hunger und Durst halten ihn
ab. Siegreich geht er über alle Anfeindungen und Verfolgungen, die man ihm bereitet.
Die Liebe lässt ihn nicht rasten noch ruhen; sie treibt ihn fort in das
bittere Leiden, ja in den schmerzlichsten und schmählichsten Tod am Kreuze.
Drei Stunden lang hängt er am Kreuze,
bis er endlich das Schlusswort sagen kann: „Es ist vollbracht.“ (Joh. 19,30)
Er sagt: Menschenkind! „Was hätte
ich in meinem Weinberge noch tun sollen, was ich nicht getan habe?“ (Isai 5,4)
Hörst du diese Worte und verstehst
du sie?
Jesus, der unendlich Weise, kann
nichts mehr finden, das er noch zu unserem Heile tun könnte, was er nicht schon
getan hat. Jesus, die unendliche Liebe, weiß kein Opfer, keinen Liebesdienst mehr
zu entdecken, den er nicht schon für uns vollbracht hätte.
Merkst du nicht, wie sein heiligstes Herz arm geworden ist? Seine Liebe wäre bereit, noch mehr für uns zu tun; aber
sie hat schon alles getan. Christliche Seele! Hast du auch für deinen Jesus
alles getan, was du konntest?
Er verlangt von dir nur wenig, sehr
wenig. Er verlangt von dir die Beobachtung der Gebote. Nur zehn Gebote hat er
dir gegeben, und die fünf Gebote der Kirche als nähere Erklärung in einigen
Punkten.
Er hätte dir hundert und noch mehr
Gebote geben können; aber nur zehn gab er dir, und diese kannst du leicht mit
Hilfe seiner Gnade beobachten; ja leicht beobachten. Hast du es bisher getan?
aus:
Das göttliche Herz Jesu, die Schatzkammer gläubiger Seelen.
Neun Predigten zu Ehren des göttlichen Herzens Jesu, von P. Marcus Prattes, Priester der Kongregation des allerheiligsten Erlösers, mit Imprimatur, 1900