Jeder Mensch freut sich, mit seines Gleichen
umgehen und reden zu können. Ist der Mensch ganz abgetötet, ist er durch Abtötung
geistig und Gott ähnlich geworden, dann hat er Freude am Umgange und an der Unterredung
mit Gott, und auch Gott hat Freude, mit ihm umzugehen und zu ihm zu reden. „Meine
Wonne ist es, bei den Menschenkindern zu sein.“ Sprüch. 8,31.
Ist aber der Mensch
noch voll von Leidenschaften und ungeordneten Begierden, sucht er darin noch
Ehre, Befriedigung seiner Neigung, Freude, Unterhaltung und Ergötzen, dann
fühlt er noch große Schwierigkeiten im Umgange und Verkehr mit Gott. Er ist in
seinem ganzen Wesen noch sehr unähnlich mit Gott und hat seine Freude an dem
Umgange mit seines Gleichen, mit den irdischen und niederen Dingen. „Sie wurden
zum Gräuel, wie das, was sie liebten.“ Ose. 9,10.
Einer von den Altvätern sagte: „Wie
man in einem trüben Wasser unmöglich sein Antlitz, noch sonst etwas sehen kann;
ebenso kann ein Herz, das noch nicht von irdischen Neigungen, die es fortwährend
trüben und beunruhigen, gereinigt und geläutert ist, und in dem die eitlen und
unziemenden Sorgen noch nicht beschwichtigt sind, unmöglich im Gebete schauen
das Antlitz Gottes, d.h. die Tiefe seiner Geheimnisse, und der Herr wird sich ihm auch nicht offenbaren.
„Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott
schauen.“ Matth.5,8. Das Beten ist ein geistiges Schauen der gottähnlichen Geheimnisse
und Werke. Wie man, um deutlich zu sehen, helle und klare Augen des Leibes haben
muss, eben so hat man, um die Werke Gottes mit den Augen der Seele recht zu schauen,
ein geläutertes Herz notwendig.
Über den angeführten Ausspruch des Heilandes
sagt der heilige Augustin: „Willst du Gott schauen und betrachten, so mühe dich
zuerst, dein Herz zu reinigen und von allem los zu machen, was ihm missfällig
ist.“
aus dem Klassiker der aszetischen Schriften: "Übung der christlichen Vollkommenheit und Tugend" des ehrw. P. Alphons Rodriguez, Priester der Gesellschaft Jesu
aus dem Klassiker der aszetischen Schriften: "Übung der christlichen Vollkommenheit und Tugend" des ehrw. P. Alphons Rodriguez, Priester der Gesellschaft Jesu