alles von Prälat Prof. Georg May
Die Früchte des Heiligen Geistes sind also Vollkommenheiten, die unsere Seele schmücken, die unser Leben bereichern, dir sich wohltätig auf die Umgebung auswirken.
Hier, meine lieben Freunde, haben wir eine Stelle, wo einmal Gottes Wirken sichtbar wird.
Das ist ja unsere Not, das ist ja unsere Klage, dass wir den verborgenen Gott anbeten müssen, dass Gott aus seiner Verborgenheit nicht heraustritt. Wir leiden darunter, dass Gott in unzugänglichem Lichte wohnt. Seine Gnade ist nicht messbar und nicht wägbar. So sehnen wir uns danach, Gott und sein Wirken einmal zu sehen, einmal in der Erfahrung festzustellen, zu spüren.
Hier in den Früchten ist eine Stelle, wo Gottes Wirken sichtbar wird. Wer diese Früchte des Heiligen Geistes aufweist, von dem kann der Heilige Geist nicht fern sein.
Wer die Früchte des Heiligen Geistes wirksam werden lässt, der ist im Besitze des Heiligen Geistes. Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit. Wer all das aufweist oder auch nur vieles davon, der ist im Besitz des Heiligen Geistes, in dem wirkt der Heilige Geist diese herrlichen Gaben.
Aber natürlich muss man auch mit Erschrecken feststellen: Wo diese Gaben fehlen, wo diese Früchte fehlen, da kann der Geist nicht sein. Wer das Gegenteil von diesen Früchten aufweist, der muss fern vom Geiste sein, also durch Haß, Trübsinn, Streit, Ungeduld, Erbarmungslosigkeit, Eigennutz, Treulosigkeit, Zorn, Genusssucht. Das ist nicht Zeichen der Anwesenheit des Geistes, sondern seines Gegengeistes.
So haben wir also ein Mittel der Unterscheidung und ein Mittel zur Erkenntnis, ob der Geist Gottes in uns wohnt. Bringt der Geist in uns seine Früchte hervor? Was stellen wir fest, wenn wir uns beobachten, wenn wir ehrlich gegen uns sind? Leben wir im Geiste? Handeln wir aus dem Geiste? Bringen wir die Früchte des Geistes hervor, oder ist der Geist in uns unwirksam?
Es muss, meine lieben Freunde, unser Bestreben sein, dem Wirken des Geistes in uns Raum zu geben. Wir dürfen die Gnadengaben Gottes nicht umsonst empfangen; wir müssen mit ihnen wirken. Wir sollen Zeugnis ablegen von der Existenz und von der Macht des Heiligen Geistes. Wir müssen seine Früchte vorweisen: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.
Ach, dass doch das Pfingstfest nicht vorübergehen möchte, ohne dass wir dem Wirken des Heiligen Geistes Raum geben! Wenn wir im Geiste leben, so lasst uns auch im Geiste wandeln! Und das heißt:
Müde sein und doch andere aufmuntern, sich verlassen fühlen und doch andere zum Lächeln bringen, selber voller Fragen stecken und doch Ratsuchenden sich nicht verweigern, gehetzt sein und doch andere nicht mit Ausreden abwimmeln, Schmerzen haben und doch anderen gegenüber Geduld aufbringen, belastet sein und doch anderen tragen helfen, nach einem Ausweg tasten und doch die Hand des anderen nicht loslassen, vieles entbehren und doch niemandem etwas missgönnen, enttäuscht sein und doch anderen einen Streifen Hoffnung geben, sich ausgebrannt vorkommen und doch anderen helfen, Sinn zu finden, betend selbst ohne Antwort bleiben und doch anderen den Glauben erlebbar machen, mit Ärger angefüllt sein und doch den Gruß eines anderen erwidern, enttäuscht sein und doch die Fehler anderer nicht an die große Glocke hängen, keinen Dank bekommen und doch unentwegt für andere da sein.
Wenn wir im Geiste leben, meine lieben Freunde, dann lasst uns auch im Geiste wandeln!