Das wichtigste Gebet ist das Gebet um die Beharrlichkeit bis zum Ende. Siehe hier


Sonntag, 15. Januar 2012

Erklärung der Worte Jesu an seine Mutter auf der Hochzeit zu Kana


Die Hochzeit zu Kana, Gerard David



Die Worte Jesu an seine Mutter: „Was ist (soll) dies mir und dir, o Weib? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ (lat. Quid mihi, et tibi est mulier? Nondum venit hora mea, Joh. 2,4) können keineswegs gegen die Verehrung der heiligen Mutter Gottes geltend gemacht werden, als ob Jesus dieselbe weder selbst geübt habe, noch von andern wolle.
Denn diese Worte bedeuten in der aramäischen Sprache, in der sie der Heiland gesprochen hat, einen in die deutsche Sprache nicht gut übersetzbare Ablehnungsformel, die keineswegs immer einen unfreundlichen Sinn hat, sondern die je nach dem Zusammenhang, nach den Umständen, nach dem Ton ausdrückt, dass man mit einer Person oder Sache nichts zu tun haben oder dass man auf einen Gedanken, einen Wunsch oder eine Bitte nicht oder nicht unmittelbar eingehen will.
Wie der ganze Zusammenhang lehrt, gebraucht Jesus die Formel hier offenbar in einem milden und freundlichen Sinn und gibt ihr zugleich ihre nähere Beleuchtung durch die unmittelbar folgenden Worte: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ 

Der Sinn der Formel ist demnach dieser: Hier, wo es sich um den Beginn meiner messianischen Wundertätigkeit handelt, muss das Verhältnis zwischen mir und dir, zwischen Mutter und Sohn zurücktreten.
Denn in meiner gottmenschlichen Erlösungstätigkeit bin ich ganz hingegeben an die ewigen, göttlichen Ratschlüsse, in denen auch der Beginn meiner messianischen Wundertätigkeit bestimmt ist; bis jetzt aber ist meine Stunde noch nicht gekommen.




(...)

Maria, das auserlesene, gnadenvolle Werkzeug der Menschwerdung, ist in ihrer Person auf das innigste mit dem göttlichen Heilsplan und Erlösungswerk verflochten, und darum fügte es der Heiland, das sein erstes Wunder, der erste Beweis seiner Gottheit, das erste Fundament des Glaubens seiner Jünger, gerade auf die Fürbitte seiner heiligsten Mutter geschah, um uns zu lehren, dass wir keine bessere Mittlerin und Fürsprecherin bei ihm haben können.

(aus: Handbuch zur Biblischen Geschichte, Dr. Schuster und Dr. Holzammer, 1906)