Das wichtigste Gebet ist das Gebet um die Beharrlichkeit bis zum Ende. Siehe hier


Mittwoch, 7. März 2012

Von der Vergegenwärtigung Gottes


Von der Vortrefflichkeit dieser Übung und den großen Gütern, die in ihr liegen

„Suchet den Herrn und erstarkt; suchet sein Angesicht allezeit!“ (Ps. 104,4) So spricht der Prophet David. „Suchet sein Angesicht allezeit!“ Das Angesicht des Herrn ist die Gegenwart des Herrn,“ sagt der hl. Augustinus. 
Das Angesicht des Herrn immer suchen, heißt immer in seiner Gegenwart wandeln, immer das Herz mit Verlangen und Liebe zu ihm erheben. Hesychius, den auch der hl. Bonaventura anführt, sagt hierüber: „Sich immer in der Vergegenwärtigung Gottes befinden, das ist der Anfang des Lebens der Seligen schon auf dieser Erde. Denn die Seligkeit der Heiligen besteht in dem unaufhörlichen Schauen Gottes, den sie nie aus dem Auge verlieren. 
Weil wir in diesem Leben Gott nicht in dieser Klarheit schauen können, wie Er ist, und wie dies den Heiligen gegeben ist, so wollen wir diese doch in unserer Weise nachahmen, insoweit unsere Schwachheit es erträgt, indem wir immer auf Gott schauen, immer Ehrfurcht vor ihm haben, immerzu ihn lieben. 
Gott der Herr hat uns erschaffen, dass wir ewig bei ihm im Himmel sein und ihn genießen sollen, und er will, dass wir hier schon ein Unterpfand und einen Vorgenuss von dieser Seligkeit haben, indem wir immer vor ihm wandeln, auf ihn schauen und ihm Ehrfurcht bezeugen, wenn auch jetzt noch im Dunkeln: „Jetzt sehen wir durch einen Spiegel, rätselhaft, als dann aber von Angesicht zu Angesicht.“  (Kor.13, 12)
Dies klare Schauen, sagt Hesychius, ist die Belohnung, die Herrlichkeit und die Seligkeit, die wir hoffen, jenes dunkle Schauen ist das Verdienst, wodurch wir das klare Schauen erlangen.

In unserer Weise ahmen wir die Seligen nach, wenn wir uns bemühen, bei all unseren Werken Gott nie aus den Augen zu verlieren, gleichwie die heiligen Engel, die zu unserer Hilfe ausgesendet sind, uns zu schützen und zu verteidigen, in der Weise diese Dienstleistungen ausführen, dass sie dabei Gott nie aus dem Auge verlieren. So sprach der Engel Raphael zu Tobias: „Es schien zwar, als ob ich mit euch äße und tränke, aber ich genieße eine unsichtbare Speise und Trank, welcher von den Menschen nicht gesehen werden kann. (Tob. 12,19) Sie nähren sich von Gott, „denn immer schauen sie das Angesichts meines Vaters, der im Himmel ist,“ spricht der Erlöser (Matth. 18,10). 
So mögen auch wir mit den Leuten essen und trinken, arbeiten und verkehren, und dem Anschein nach uns ganz damit beschäftigen und uns darin aufhalten; aber wir müssen dafür sorgen, dass dies nicht unsere Hauptspeise und Unterhaltung ist, sondern jene unsichtbare, welche die Leute nicht sehen, nämlich das unaufhörliche Schauen und Lieben Gottes und die Vollbringung seines heiligsten Willens.


Fortsetzung folgt

aus dem Klassiker der aszetischen Schriften: "Übung der christlichen Vollkommenheit und Tugend" des ehrw. P. Alphons Rodriguez, Priester der Gesellschaft Jesu, 
aus dem Spanischen Original übersetzt von Dr. Magnus Jocham, erzbischöflicher geistl. Rat und Professor der Theologie, Verlag Friedrich Pustet, 1879