Von der Vortrefflichkeit dieser
Übung und den großen Gütern, die in ihr liegen
„Suchet den Herrn und erstarkt;
suchet sein Angesicht allezeit!“ (Ps. 104,4) So spricht der Prophet David. „Suchet
sein Angesicht allezeit!“ „Das Angesicht des Herrn ist die Gegenwart des Herrn,“
sagt der hl. Augustinus.
Das Angesicht des Herrn immer suchen, heißt immer in
seiner Gegenwart wandeln, immer das Herz mit Verlangen und Liebe zu ihm
erheben. Hesychius, den auch der hl. Bonaventura anführt, sagt hierüber: „Sich
immer in der Vergegenwärtigung Gottes befinden, das ist der Anfang des Lebens
der Seligen schon auf dieser Erde. Denn die Seligkeit der Heiligen besteht in dem
unaufhörlichen Schauen Gottes, den sie nie aus dem Auge verlieren.
Weil wir in
diesem Leben Gott nicht in dieser Klarheit schauen können, wie Er ist, und wie
dies den Heiligen gegeben ist, so wollen wir diese doch in unserer Weise
nachahmen, insoweit unsere Schwachheit es erträgt, indem wir immer auf Gott schauen,
immer Ehrfurcht vor ihm haben, immerzu ihn lieben.
Gott der Herr hat uns
erschaffen, dass wir ewig bei ihm im Himmel sein und ihn genießen sollen, und
er will, dass wir hier schon ein Unterpfand und einen Vorgenuss von dieser Seligkeit
haben, indem wir immer vor ihm wandeln, auf ihn schauen und ihm Ehrfurcht
bezeugen, wenn auch jetzt noch im Dunkeln: „Jetzt sehen wir durch einen Spiegel,
rätselhaft, als dann aber von Angesicht zu Angesicht.“ (Kor.13, 12)
Dies klare Schauen, sagt Hesychius,
ist die Belohnung, die Herrlichkeit und die Seligkeit, die wir hoffen, jenes
dunkle Schauen ist das Verdienst, wodurch wir das klare Schauen erlangen.
In unserer Weise ahmen wir die Seligen
nach, wenn wir uns bemühen, bei all unseren Werken Gott nie aus den Augen zu verlieren,
gleichwie die heiligen Engel, die zu unserer Hilfe ausgesendet sind, uns zu schützen
und zu verteidigen, in der Weise diese Dienstleistungen ausführen, dass sie
dabei Gott nie aus dem Auge verlieren. So sprach der Engel Raphael zu Tobias: „Es
schien zwar, als ob ich mit euch äße und tränke, aber ich genieße eine
unsichtbare Speise und Trank, welcher von den Menschen nicht gesehen werden
kann. (Tob. 12,19) Sie nähren sich von Gott, „denn immer schauen sie das
Angesichts meines Vaters, der im Himmel ist,“ spricht der Erlöser (Matth.
18,10).
So mögen auch wir mit den Leuten essen und trinken, arbeiten und
verkehren, und dem Anschein nach uns ganz damit beschäftigen und uns darin
aufhalten; aber wir müssen dafür sorgen, dass dies nicht unsere Hauptspeise und
Unterhaltung ist, sondern jene unsichtbare, welche die Leute nicht sehen,
nämlich das unaufhörliche Schauen und Lieben Gottes und die Vollbringung seines
heiligsten Willens.
Fortsetzung folgt
aus dem Klassiker der aszetischen Schriften: "Übung der christlichen Vollkommenheit und Tugend" des ehrw. P. Alphons Rodriguez, Priester der Gesellschaft Jesu,
aus dem Spanischen Original übersetzt von Dr. Magnus Jocham, erzbischöflicher geistl. Rat und Professor der Theologie, Verlag Friedrich Pustet, 1879
Fortsetzung folgt
aus dem Klassiker der aszetischen Schriften: "Übung der christlichen Vollkommenheit und Tugend" des ehrw. P. Alphons Rodriguez, Priester der Gesellschaft Jesu,
aus dem Spanischen Original übersetzt von Dr. Magnus Jocham, erzbischöflicher geistl. Rat und Professor der Theologie, Verlag Friedrich Pustet, 1879