(Anmerk.: Prälat May wird sich sicherlich freuen, dass er, der in den letzten Jahrzehnten so oft - scheinbar ungehört - von dem Bußsakrament als dem "verlorenen" Sakrament gesprochen hat, endlich lesen darf, dass Kardinal Dolan heute gesagt hat, das Bußsakrament müsse zum Sakrament der Re-Evangelisierung werden und Kardinal Meisner davon begeistert war.)
(...) Ach, meine lieben Freunde, könnten die Beichtstühle reden! Wie viele tausend Menschen haben hier den Frieden gefunden, sind hier für den Himmel gerettet worden, haben sich hier die Kraft geholt, die Sünde zu meiden!
Ich denke mit großer Dankbarkeit und Freude zurück, als ich im Jahre 1951 anfing, das Priestertum auszuüben in einer Diasporagemeinde in der damaligen DDR (der Deutschen Demokratischen Republik). Was hatten wir da für gute, reuige, büßende Menschen! Ich hatte eine Menge Jugendlicher, die alle vier Wochen treu und redlich ihre Sünden bekannten.
Wir Priester waren pausenlos im Beichtstuhl beschäftigt, vor der Messe, während der Messe – wenn der Pfarrer die Messe las, hörte ich Beichte, wenn ich die Messe las, hörte er Beichte. Es war eine Zeit, wie sie heute kaum noch vorstellbar scheint. Denn das Bußsakrament ist zum verlorenen Sakrament geworden! Und das ist vielleicht das Schlimmste an der ganzen nachkonziliaren Katastrophe.
Auch der Mensch muss bei der Buße, beim Bußsakrament, mittun. Gott kommt ihm entgegen, indem er ihm die Verzeihung anbietet. Aber auch der Mensch muss etwas tun, nämlich er muss Reue, Bekenntnis und Genugtuung leisten. Reue ist ein Schmerz der Seele und ein Abscheu vor der Sünde und der Vorsatz, sie künftig nicht mehr zu begehen. Schmerz der Seele über die Sünden, Abscheu vor der Sünde und Vorsatz, künftig nicht mehr zu sündigen. Die Reue muss innerlich und übernatürlich sein. Innerlich, das heißt, man muss im Herzen die Sünden bereuen, man muss im Herzen Schmerz über die Sünden empfinden. „Zerreißt nicht eure Kleider“, sagt der Herr im Alten Testament, „sondern zerreißt eure Herzen!“ Das ist gemeint, wenn wir sagen, die Reue muss innerlich sein; denn Gott schaut auf das Herz. Sie muss aber auch übernatürlich sein.
Man kann auch aus natürlichen Gründen die Sünden bereuen, weil man schwach geworden ist, weil man sich an die Tröge der Schweine begeben hat, weil man das eigene Menschentum geschändet hat, weil man sich bloßgestellt hat vor anderen, weil man die Folgen der Sünde spürt. Das ist natürliche Reue. Die ist ja nicht schlecht, aber sie reicht nicht.
Wenn die Reue wirksam sein soll, muss sie übernatürlich sein. Sie muss darauf sehen, dass die Sünde Gott tangiert, dass die Sünde gegen Gott aufsteht, und das muss ihr leid tun, das muss ihr Schmerz bereiten. (...)
alles aus einer Predigt aus dem Jahre 2007: Gottes Liebe - Das Sakrament der Vergebung