Das wichtigste Gebet ist das Gebet um die Beharrlichkeit bis zum Ende. Siehe hier


Freitag, 18. November 2011

Klerus und Kirchenkrise



Die heiligen Hirten, deren die Kirche in alten Zeiten so viele hatte, erstrebten nicht Wohlleben und Reichtum, nicht prächtigen Hausrat mit großer Dienerschaft. Nein, so handelten sie nicht. Ihr Ideal war Christus, der Gekreuzigte. Im Lichte des Glaubens hatten sie erkannt, wie sehr der liebreiche Erlöser nach unserem Heil hungert; darum waren sie von Liebe zu ihm erfüllt, überglücklich für andere leiden und sterben zu können. Ihre Gäste waren die Armen, ihr Reichtum die Ehre Gottes, die Erhöhung der Kirche und die Rettung ihrer Schäflein. Für sie sandten sei unablässig heiße, angsterfüllte Wünsche zum Himmel; sie unterwiesen sie mit dem Beispiel ihres heiligen Lebens; sie erkannten und fühlten die schwere Last, die sie mit der Sorge für die Seelen auf sich genommen hatte.

Nun ist es Zeit, das Vorbild heiliger Priester nachzuahmen, denn das Reich Gottes ist in größerer Not als jemals. So müsst ihr denn mit immer gleichem Eifer die Pflichten eures Amtes erfüllen. Ihr dürft auch nicht auf den Rat jener hören, die euch sagen: Nimm und ertrage deine Untergebenen, wie sie sind, dann wirst du deine Pfründe in Frieden genießen! Nein, seid ein treuer Gärtner, der unermüdlich im Garten der Kirche das Unkraut der Laster ausreißt und die Tugenden darin pflanzt. Dazu hat euch Gott euer Amt gegeben.

Erhöre Deine Magd, so betete Katharina einst, und sieh nicht auf die Menge meiner Sünden. Ich bitte Dich, gib dem Herzen und dem Willen der Diener Deiner Braut, der heiligen Kirche, die Richtung auf Dich, dass sie dem verbluteten, armen, demütigen, sanftmütigen Gotteslamm auf dem Wege des Kreuzes nachfolgen. Lass sie Engel in Menschengestalt sein, da sie doch den Leib und das Blut Deines eingeborenen Sohnes zu verwalten und zu spenden haben. ( …. )

Bei dem Blute deines Sohnes flehen wie Dich an, Du wollest der Welt Barmherzigkeit erweisen und Deiner Kirche einen neuen blütenreichen Frühling heraufführen: gute und heilige Hirten, die mit dem lieblichen Duft ihres tugendhaften Lebens den widerlichen Fäulnisgeruch verwelkender Blüten vertreiben.


(Aus: Katharina von Siena, Das Unbedingte, hrsg. Von Karl Hefele, München 1938)