Sobald eine sündhafte Vorstellung in unserem Geiste auftaucht, kämpfen die beiden Herren um unsere Seele. Die Sinnlichkeit rät und redet zu. Das Gewissen rät ab und warnt uns. Wir können es niemals dahin bringen, daß wir keine schlechten Gedanken hätten.
Der heilige Ephrem der Syrer vergleicht den Menschen mit einer Insel. Die Insel wird fortwährend von den Wellen umspült, aber sie widersteht den Wellen. So ähnlich, meint er, ist es im Menschen; sündhafte Gedanken kommen unweigerlich und unvermeidlich. Aber der Mensch hat die Macht, sie abzuwehren.
Die sündhaften Gedanken können auf dreifach verschiedene Weise aus unserem Geist entfernt werden.
Erstens, indem wir beten, zweitens, indem wir uns die schlimmen Folgen der Sünde vor Augen stellen*, schließlich drittens, dass wir an Tod und Gericht denken.
Wenn man diese Mittel anwendet und sogleich die Gedanken abwehrt, wie man Mücken vom Körper abwehrt, dann vermögen sich die sündhaften Gedanken nicht in uns festzusetzen. Aber noch einmal: Jede Sünde beginnt im Geiste; jede Sünde beginnt mit den Gedanken.
Wenn wir sie nicht abwehren, stellt sich das Wohlgefallen an den sündhaften Vorstellungen ein. Das Wohlgefallen ist die zwecklose und zweckwidrige, mit ungeordneter Lust verbundene Vorstellung von Sündhaftem – die zwecklose und zweckwidrige, mit ungeordnetet Lust verbundene Vorstellung von Sündhaftem. Das Wohlgefallen ist also schon ein Fortschritt in der Entstehung der Sünde, ja es ist sogar schon sündhaft, wenn es sich auf etwas Sündhaftes richtet. Das Wohlgefallen bestimmt sich in seiner sittlichen Qualität nach dem Gegenstand, woran wir Wohlgefallen haben. Ist das, woran wir Wohlgefallen haben, eine läßliche Sünde, dann ist auch das Wohlgefallen eine läßliche Sünde. Ist aber das, woran wir Wohlgefallen haben, eine schwere Sünde, dann ist auch das Wohlgefallen eine schwere Sünde.
alles aus der Predigt: Die Stufen der Entwicklung der Sünde
alles aus der Predigt: Die Stufen der Entwicklung der Sünde
*heißt bei Todsünden: Verlust der heiligmachenden Gnade, siehe hier
Siehe auch: Wann Phantasie jeder Seele gefährlich wird
Siehe auch: Wann Phantasie jeder Seele gefährlich wird